EUGH Entscheidung  C-154/21  

Aus dem Sachverhalt

Kläger ist RW. RW verlangte von der Österreichischen Post Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert und an wen diese Daten in der Vergangenheit ggf. weitergegeben wurden. Die Weitergabe beschränkte sich laut der Österreichischen Post auf die rechtlich zulässigen Zwecke.
Die konkreten Empfänger seiner Daten wurden RW nicht namentlich mitgeteilt. Daraufhin wurde von RW Klage erhoben, da RW erfahren wollte, wer genau seine personenbezogenen Daten erhalten habe. Die Post teilte RW nur die Kategorien der Empfänger mit, welche die personenbezogenen Daten von der Post für Marketingzwecke erhalten hatten. Das Gericht wies die Klage von RW ab, da Art 15 Abs. 1 c) lediglich die Auskunft auf „Empfänger oder Kategorien von Empfängern“ regle und diese Kategorien von der Post ordnungsgemäß mitgeteilt wurden.
Dagegen legte RW Revision ein.

Aus den Urteilsgründen

Das Gericht hatte nun zu entscheiden, wie der Wortlaut „Empfänger oder Kategorien von Empfängern“ der DSGVO aus Art. 15 Abs. 1 c) auszulegen sei. Der Wortlaut sei nicht eindeutig und spricht eher dafür, dass der Absatz so ausgelegt werden kann, dass der Betroffenen die Wahl habe, ob er nur Auskunft über die Kategorien oder auch den konkreten Empfänger erhalten wolle. Wenn es im Ermessen der Verantwortlichen läge, dass diese frei darüber entscheiden könnten, ob sie Auskunft über die konkreten Empfänger oder lediglich die Kategorien erteilen, wäre es vermutlich für die Betroffenen fast unmöglich, jemals Auskunft über die konkreten Empfänger zu bekommen, was wiederrum das Recht auf Auskunft enorm einschränken würde. Zudem ist zu beachten, dass Art. 15 Abs. 1 c) sowohl für aktuelle Datenverarbeitungen als auch für in der Vergangenheit verarbeitete personenbezogene Daten Anwendung findet. Daraufhin wurde das laufende Verfahren von RW gegen die Österreichische Post vom Obersten Gerichtshof ausgesetzt. Folgende Vorlagefrage musste vorab vom Gerichtshof entschieden werden:

Vorlagefrage

"Ist Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO dahin gehend auszulegen, dass sich der Anspruch auf die Auskunft über Empfängerkategorien beschränkt, wenn konkrete Empfänger bei geplanten Offenlegungen noch nicht feststehen, der Auskunftsanspruch sich aber zwingend auch auf Empfänger dieser Offenlegungen erstrecken muss, wenn Daten bereits offengelegt worden sind?"

Klärung der Vorlagefrage

Die Vorlagefrage sollte klären, ob Betroffenen die konkrete Identität der Empfänger mitgeteilt werden müsse. Da Empfänger und Kategorien im Gesetzestext der DSGVO nebeneinander aufgeführt werden, bestehe kein vorrangiges Verhältnis. Laut Erwägungsgrund 63 kann das Recht auf Auskunft nicht auf die Kategorien beschränkt werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss laut Art 5 Abs 1 a) immer den Grundsatz der Transparenz berücksichtigen, d.h. dass die Informationen über die Datenverarbeitung für natürliche Personen verständlich und leicht zugänglich sein müssen. Der Verantwortliche sei daher in der Pflicht, Betroffenen Auskunft zugunsten der betroffenen Person zu erteilen. Betroffenen muss ermöglicht werden, die Richtigkeit sowie Rechtmäßigkeit der Verarbeitung überprüfen zu können und ggf. Berichtigung/Löschung/Widerruf zu beantragen oder Rechtsbehelf einzulegen. Um eine Gewährleistung dieser Rechte sicherzustellen, ist eine Auskunft über konkrete Empfänger unabdingbar, was wiederrum durch Art. 19 DSGVO konkretisiert wird, sofern der Antrag auf Auskunft entsprechend begründet werden kann und verhältnismäßig sei.

Stellungnahme der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit aus dem Jahr 2020:

Jahresbericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit aus dem Jahr 2020:

Ein Bankkunde verlangte Auskunft, an wen seine personenbezogenen Daten weitergegeben wurde. Die Bank teilte daraufhin dem Betroffenen lediglich die Kategorien der Empfänger, nicht aber die konkreten Empfänger selbst mit. Der Betroffene hat sich daraufhin bei der Aufsichtsbehörde beschwert und darauf bestanden, dass die Bank die konkreten Empfänger mitzuteilen habe. Die Aufsichtsbehörde vertritt ebenfalls die Meinung, dass die Bank nicht die Wahl haben dürfe, ob sie der betroffenen Person lediglich die Kategorien oder den konkreten Empfänger mitteilen wolle. Die Aufsichtsbehörde bestätigte, dass der Bankkunde ein Recht darauf habe, die konkreten Empfänger zu erfahren, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten überprüfen zu können.

Wird der Wortlaut „Empfänger oder Kategorien von Empfängern“ in Art. 13 Abs. 1 e) DSGVO genau so ausgelegt, wie in Art. 15 Abs. 1 c) DSGVO?

Art. 13 DSGVO - Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person

(1)Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit:

e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten und

Art. 15 DSGVO - Auskunftsrecht der betroffenen Person

(1)Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:

c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;

Was bedeutet das nun für unsere Auslegung des Art. 13 Abs. 1 e) DSGVO?
Dort gibt es ja einen identischen Wortlaut:

gegebenenfalls“ = wenn der betreffende Fall eintritt. (Gola/Heckmann/Franck DS-GVO Art. 13 Rn. 16-20: „ lit. e entfällt, wenn geplantermaßen keine Datenweitergabe stattfindet. Hierauf muss nicht gesondert hingewiesen werden.“)

Das bedeutet: Wenn es Empfänger gibt, die personenbezogene Daten erhalten, dann müssen sie der betroffenen Person im Rahmen der Information nach Art. 13 DSGVO mitgeteilt werden. Wenn die Empfänger zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten (noch) nicht bekannt sind, können auch nur die Kategorien von Empfängern mitgeteilt werden.   

Stand: 26.04.2023

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