Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat die Bundesregierung im Februar 2023 angewiesen, den Betrieb ihrer Facebook-Fanpage einzustellen.
Auslöser war die gutachterliche Feststellung, dass eine Facebook-Fanpage nicht datenschutzkonform betrieben werden kann. Daraufhin hat man bereits 2022 von Seiten der Datenschutzkonferenz die Landes- und Bundesbehörden angewiesen, ihre Facebook-Fanpages einzustellen.
Die Gründe, warum der betrieb der Facebook-Fanpages rechtlich so problematisch ist, ist in einer übersichtlichen FAQ-Seite der DSK zusammengefasst,
Passiert war aber seitdem nicht viel, unter anderem deshalb, weil alle nach Berlin schauen. So lange dort die Bundesregierung und andere Bundesbehörden eigene Facebook-Fanpage betreiben, wollen sich das die kleinen Gemeinden, Städte und deren Behörden ebenfalls nicht nehmen lassen.
Jetzt ist aber dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit der Geduldsfaden gerissen. Er sagte wörtlich:
„Ich habe lange darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Facebook Fanpage nicht datenschutzkonform möglich ist. Das zeigen unsere eigenen Untersuchungen und das Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz. Alle Behörden stehen in der Verantwortung, sich vorbildlich an Recht und Gesetz zu halten. Dies ist nach dem Ergebnis meiner Prüfungen beim Betrieb einer Fanpage wegen der umfassenden Verarbeitung personenbezogener Daten der Nutzenden aktuell unmöglich. Ich finde es wichtig, dass der Staat über soziale Medien erreichbar ist und Informationen teilen kann. Das darf er aber nur, wenn die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben.“
Die vier Wochen, die die Bundesregierung jetzt Zeit hat, dem Bescheid entweder Folge zu leisten oder dagegen vorzugehen, sind nun bald abgelaufen. Wir sind gespannt, wie es hier weitergehen wird. Heute, am 13.03.2023, ist jedenfalls der Facebook-Account der Bundesregierung noch aktiv. Er hat über 900.000 Follower.
Aus einem Bericht der „Zeit“:
Das Bundespresseamt will sich nicht aus dem sozialen Netzwerk Facebook zurückziehen. Es wurde daher Klage gegen die Anordnung des Bundesdatenschutzbeauftragten eingereicht, nachdem man den Bescheid „eingehend geprüft“ habe,
Die Facebook-Fanpage bleibt damit vorerst in Betrieb.
Es wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Sie ermögliche, "in einer Art Musterverfahren Rechtsklarheit für den Betrieb von Facebook-Seiten zu schaffen„. Das Bundespresseamt ist der Auffassung, dass für die angesprochenen Datenschutzfragen allein Facebook als Plattform zuständig ist – und nicht die jeweiligen Inhaber der Fanpages.
Die „Zeit“ schreibt: „Bis zu einer gerichtlichen Klärung bleibe der Facebook-Auftritt ein "wichtiger Bestandteil" der Öffentlichkeitsarbeit des Bundespresseamts, sagte die Sprecherin. Die Bundesregierung habe "einen verfassungsrechtlich gebotenen Auftrag, die Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeit, Vorhaben und Ziele der Bundesregierung zu informieren", sagte die Regierungssprecherin. "Um die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, müssen wir uns an deren tatsächlicher Mediennutzung orientieren."
Im Jahr 2023 untersagte der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) Ulrich Kelber, dem Bundespresseamt mit Verweis auf die DSGVO, eine Facebook-Fanpage für seine Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.
Er vertrat die Auffassung, dass Meta, das Betreiberunternehmen der Facebook-Plattform, den Cookie-Banner nicht datenschutzkonform ausgestaltet habe und deshalb keine wirksame Einwilligung von Besuchern der Seite für die Speicherung und das Auslesen bestimmter "Cookies" vorläge.
Nicht nur Meta, sondern auch das Bundespresseamt als Betreiber der Fanpage sei gesetzlich verpflichtet, eine Einwilligung des jeweiligen Benutzers einzuholen. Außerdem sei das Bundespresseamt gemeinsam mit Meta verantwortlich, dafür Sorge zu tragen, dass die Datenverarbeitungen auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage wie einer Einwilligung beruhten à Untersagung des Betriebs der Facebook-Fanpage durch den BfDI per Bescheid.
Der Bescheid des BfDI aus dem Jahr 2023 wurde nun am 22.07.2025 vom VG Köln (Az. 13 K 1419/23) aufgehoben.
Die wichtigsten Gründe des Urteils:
1.Verantwortung für Cookies hat Meta: Das VG Köln ist der Ansicht, dass ausschließlich Meta dazu verpflichtet ist, eine Einwilligung der Nutzer zur Cookie-Platzierung auf deren Endgeräten einzuholen. Das Bundespresseamt als Seitenbetreiber trifft hier keine direkte Pflicht.
2.Kein ausreichender Ursach-/Wirkungs-Zusammenhang zwischen dem Betrieb der Fanpage durch das Amt und dem Auslesen bzw. Speichern von Cookies auf Nutzergeräten: Die Platzierung von Cookies erfolge durch Meta und könne beim Besuch jeder Facebook-Seite stattfinden, nicht nur auf der Fanpage der Bundesregierung.
3.Zudem stellte das Gericht fest, dass Meta und das Bundespresseamt im Hinblick auf die Cookie-Verarbeitung keine gemeinsame Verantwortlichkeit nach der DSGVO tragen. Das Amt sorge lediglich für Inhalte und kann die Cookie-Mechanismen weder bestimmen noch technisch beeinflussen.
Vor allem die letzte Feststellung widerspricht der gefestigten EuGH-Rechtsprechung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit nach Art. 26 DSGVO.
Entsprechend schreibt auch die BfDI auf ihrer Seite:
„Das Verfahren geht unter anderem auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 zurück (EuGH, Urt. v. 05.06.2018, C-210/16 „Wirtschaftsakademie“). Das höchste Gericht der Europäischen Union hatte hier entschieden, dass nicht Facebook allein für Einhaltung des Datenschutzes auf seiner Plattform zuständig ist, sondern auch die Betreiber der Fanpages für Datenschutzmängel verantwortlich gemacht werden können. Diese gemeinsame Verantwortung von Plattform und Seitenbetreibern ist inzwischen durch eine Vielzahl weiterer Urteile auf europäischer Ebene gefestigt und ausgebaut worden (z.B. EuGH, Urt. v. 10.07.2018, C-25/17 „Zeugen Jehovas“ und EuGH, Urt. v. 29.07.2019, C-40/17 „Fashion ID“). Ob auch zwischen Meta und dem BPA eine gemeinsame Verantwortlichkeit bestand, lag dem Gericht zur Klärung vor.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, ob Berufung eingelegt wird, wird derzeit geprüft.
Stand: Juli 2025
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